Glutenfrei in Boston

Seit ungefähr einem halben Jahr lebe ich jetzt mit der Diagnose Zöliakie – Glutenunverträglichkeit. Bei einer Glutenunverträglichkeit kommen es bei der Aufnahme von glutenhaltigen Lebensmitteln zu einer chronischen Entzündung im Darm, die die Aufnahme von Nährstoffen verhindert. Die Symptome können von Menschen zu Mensch sehr unterschiedlich sein. Ich hatte trotz gesunder Ernährungsweise sehr oft mit Sodbrennen, Durchfällen, Magen- Darmkrämpfen und Blähungen zu tun.

Obwohl Glutenunverträglichkeit oft im gleichen Satz mit Laktoseintoleranz oder Nussallergie genannt wird muss man wissen, dass die Zöliakie nicht nur eine Nahrungsmittelallergie, sondern auch eine Autoimmunerkrankung ist. Bei der Zöliakie kommt es zu allergischen Reaktionen gegen ein Fremdantigen – das Gliadin aus dem Getreide, worauf Antikörper gebildet werden. Leider schädigen die gebildeten Antikörper körpereigene Zellen, in diesem Fall die der Dünndarmschleimhaut. Um eine Weizenallergie nachzuweisen, kann man die vom Körper gebildeten Antikörper im Blut messen. Um die Zöliakie nachzuweisen, muss zusätzlich durch eine Dünndarmbiopsie bestätigt werden, dass eine Schädigung der Darmschleimhaut vorliegt.

Okay, genug Theorie. Wie sieht das jetzt in der Praxis aus. Als Behandlung empfehlen die Ärzte eine strenge glutenfreie Diät. Das heißt, alle Nahrungsmittel die Weizen, Gerste, Hafer, Roggen, Dinkel und Grünkern in jeglicher Form enthalten, vom Speiseplan streichen. Im Grunde ist die Zöliakie keine dramatische Krankheit. Unter Einhaltung der Diät kann sich der Darm regenerieren und man kann zumindestens ohne Beschwerden leben und Spätschäden verhindern.

Ich habe also angefangen mich streng glutenfrei zu ernähren. Man kann grundsätzlich erstmal alles vom Speiseplan streichen was offensichtlich Mehl enthält. (Nudeln, Kuchen, Brot, Gebäck, Teigwaren, Flocken, Paniertes, Mehlsaucen,…) Zusätzlich muss man bei allen anderen Fertigprodukten die Zutatenliste studieren. Dank Gesetz sind die Hersteller in Europa verpflichtet glutenhaltige Inhaltsstoffe auszuzeichnen. Im Internet findet man Merkzettel die dabei helfen die glutenhaltigen Inhaltsstoffe herauszufinden. Schwierig wird es nur mit einigen Produkten wie zum Beispiel Weizenstärke, Sojasoße und Gewürzmischungen. Diese und viele anderen können Spuren von Gluten enthalten. Generell kann man sagen, dass es bei der Herstellung Lebensmitteln immer die Möglichkeit gibt, dass diese mit glutenhaltigen Stoffen in Kontakt kommen. Auch in einem Haushalt wo glutenhaltige Lebensmittel konsumiert werden kann man nicht ausschließen, dass es zur Kreuzkontaminierung kommen kann. Aber ich sehe ein wenig darüber hinweg, da ich mir mein Leben nicht zur Hölle machen will. 🙂 Wirklich praktisch ist, dass die Anzahl an Herstellern von glutenfreien Produkten wächst. Diese Produkte haben ein Siegel und sind garantiert glutenfrei. So gibt es heutzutage schon Brot, Nudeln, Bier und andere Lebensmittel 100% glutenfrei!

Mit dem Umzug in die USA hatte ich die Befürchtung auf vieles verzichten zu müssen, denn in Wien wusste ich schon wo ich meine glutenfreien Backmischung, meine Nudeln, Mehl und andere glutenfreie Produkte bekomme. Sogar ein glutenfreies Restaurant gibt es in Wien. Außerdem hatte ich noch Angst, dass man in der USA nicht verstehen wird, was glutenfrei bedeutet. Besonders dann, wenn ich auswärts essen möchte.

Doch dann wurde ich überrascht. Boston und Umgebung (ich kann nicht für die gesamte USA sprechen) entspricht dem Gegenteil all meiner Befürchtungen und ist viel mehr ein Paradis für Zöliakie-Betroffene. Es gibt nicht nur eine riesige Auswahl an glutenfreien Produkten im Supermarkt sondern viele Restaurants haben sogar eine extra Speisekarte mit glutenfreien Gerichten, Bäckereien haben oft 1 bis 2 Alternativen, und wenn man nachfragt, weiß das Personal worauf bei einer Allergie zu achten ist. So wurde ich oft schon von der Bedienung vor frittierten Produkten gewarnt, weil sie zusammen mit glutenhaltigen Produkten frittiert werden. Sehr aufmerksam. Überhaupt hat man hier nicht das Gefühl, dass glutenfrei zu leben etwas besonderes ist. Es liegt wahrscheinlich auch daran, dass sich viele Menschen aus anderen gesundheitlichen Gründen glutenfrei ernähren, so dass es auch so eine Art Trend in Richtung glutenfreier Lebensweise gibt.

Auf den Bildern könnt ihr einige Produkte sehen, die ich hier schon konsumiert habe. Toll, dass man in vielen Bars glutenfreies Bier bekommt. Darauf zu verzichten zu müssen wäre sehr schade. Ich habe schon meinen gluten freien Donut und Brownie gegessen und es gibt sogar eine Bäckerei, die ausschließlich glutenfreie Produkte verkauft. Grundsätzlich versuche ich allerdings Teigwaren zu vermeiden, da ich nicht davon überzeugt bin, dass die Ersatzprodukte, die meist aus Mais- und Reismehlen hergestellt werden in Übermass gesund sind. Aber deswegen muss mein Speiseplan nicht langweilig sein. Ich bin großer Fan von fast allen Gemüsesorten, Kartoffel und Salat. Ich mag Fleisch und Fisch und auch Schokolade darf ich noch essen 🙂 Und sogar der Quarkkuchen von Mama ist garantiert glutenfrei!