Ihr denkt bei Indien auch sofort an viele Menschen, Dreck und Gestank? Es geht aber auch anders. Wir haben Indien von einer ganz anderen Seite kennengelernt und sind durch das wunderschöne Bundesland Kerala gereist.
Zu unser großen Freude bekommen wir für die Indienreise Unterstützung aus Deutschland. Susann hat sich aus Leipzig auf den Weg gemacht um uns für zwei Wochen zu begleiten. Bevor es allerdings wirklich mit dem Reisen richtig los geht, verbringen wir die ersten Tage erstmal im Hotelzimmer und kurieren unsere Krankheiten aus. Auch Susann hat es mit einer Erkältung erwischt und so kümmern wir uns abwechselnd um einander. Zum Glück versorgt uns das Hotel täglich mit einem leckerem Frühstück. Traditionell für Südindien gibt es Reis-Pfannkuchen mit Gemüsesauce (Dosa, Idli und Sambar) sowie einen süßen Brei mit dem Namen Kesari Bath. Die Pause gibt uns genug Zeit um unsere Route für die nächsten Wochen zu planen. Dank Lonely Planet und Tipps von Freunden stellt Susann eine entspannte Route für uns zusammen. Eines ist für mich klar: Wir müssen auf jedenfall auch mit dem Zug durch Indien fahren!
Ausgangspunkt unserer Reise ist Bengaluru. Zum einen wollen wir unsere Freundin Dyuti in ihrer Heimatstadt besuchen. Zum anderen ist Bengaluru der perfekte Einstieg für Südindien. Bengaluru ist Indiens drittgrößte Stadt und eine der internationalsten Städte Indiens. Sie ist verhältnismäßig sauber, aber hat wie viele andere Großstädte ein absolutes Verkehrsproblem. Dyuti empfängt uns herzlich und wir lassen uns die Sehenswürdigkeiten der Stadt zeigen. Bengaluru ist der IT-Hub Indiens und viele große Tech-Firmen haben hier ihren Sitz. Die vielen westlichen Restaurants, Pubs und Shops geben der Stadt ein modernes Bild. Wir probieren mit Dyuti eins der neuen Restaurants mit Fusionküche und bekommen eine Menge Tipps und Hilfe für unsere Weiterreise. Am liebsten hätten wir Dyuti mitgenommen, doch so einfach geht das leider nicht.
Backwaters in Kochi
Von Bengaluru geht es dann mit dem Nachtbus nach Kochi in die Backwaters. Die Backwaters sind ein verzweigtes Wasserstraßennetz im Hinterland der Malabarküste. Von den Touristen besonders beliebt sind die Fahrten mit den Hausbooten auf den Backwaters. Doch wir wollen die Backwaters vom Land aus genießen und kommen kurzfristig noch in der Unterkunft von Manu unter, welche Teil des Back Water Farm House, einem idyllisch gelegenen Haus direkt am Wasser, ist. Doch bevor wir die Backwaters erreichen haben wir erstmal eine lange Reise auf den verrückten Straßen Indiens vor uns. Hinzukommend zu den üblichen Verkehrsteilnehmern muss man hier auch noch mit Kühen auf den Straßen rechnen. Die Straßenverhältnisse sind leider auch nicht die allerbesten, so werden wir in den Betten von unserem Nachtbus ganz schön durchgeschüttelt. Nach einer kurzen Nacht kommen wir in Vyttila an und brauchen erstmal nichts dringender als eine Toilette und ein gutes indisches Frühstück. Zum Glück lässt sich das schnell finden. Dann geht es mit dem Taxi weiter zu unserer Unterkunft. Die Unterkunft ist besonders von Ayurveda-Gästen beliebt, die zu Behandlung in der naheliegenden Praxis sind. Jeden Tag werden wir reichlich bekocht und genießen die entspannte Atmosphäre. Wir genießen den Ausblick auf das Wasser und machen auch einen Ausflug zum naheliegenden Strand Marari sowie eine Bootsfahrt durch die Backwaters und erkunden die kleinen Straßenläden im naheliegenden Dörfchen Kodamthuruth.
Strände um Kannur
Nun ist die heiß ersehnte Fahrt mit dem Zug dran. Ganze 7 Stunden dauert die Fahrt von Kochi nach Kannur. In der zweiten Klasse gibt es keine Klimaanlage, aber da Türen und Fenster offen sind, weht eine angenehme Brise durch den Wagen. Wenn man raus schaut, sieht man die unzähligen Kokusnussbäume an einem vorbei ziehen. Der Zug ist nicht zu voll und wir lernen ein paar nette Inder kennen. Nach einer langen Fahrt erreichen wir Kannur und es sind nur noch ein paar Minuten mit der Autorikscha bis ins Paradies. Unsere Unterkunft Costa Malabari liegt direkt am Meer und um an den Privatstrand zu gelangen muss man nur die Treppe an der Steilküste hinabsteigen. Wieder werden wir mit täglich frisch zubereiteten Mahlzeiten versorgt und lassen es uns gut gehen. Wir erfahren, dass es eine in der Region eine besondere religiöse Zeremonie mit dem Namen Theyyam gibt. Ein Theyyam ist ein teilweise mehrtägiges religiöses Ritual, das nur in und um Kannur praktiziert wird. Das Ritual ist schon sehr alt, vermutlich älter als der Hinduismus. Pro Zeremonie wird einer von insgesamt 450 göttlichen Charakteren dargestellt. Die Person, die in die Rolle des Gottes schlüpft, begibt sich in eine Art Trance und wird schließlich zur Gottheit für einen begrenzen Zeitraum. Wir stehen sehr früh auf um beim morgendlichen Ritual dabei zu sein. Dazu werden wir mittels Rikscha zum Veranstaltungsort, einem Tempel nahe Kannur, gebracht. Dort angekommen können wir beobachten wie der Darsteller der Gottheit geschminkt und vorbereitet wird. Die Kostümierung ist sehr aufwändig gestaltet und beinhaltet einen pompösen, mehrere Meter hohen Kopfschmuck. Dann beginnt das Ritual. Unter Begleitung von Trommeln und Flöten beginnt der Darsteller mit einem Tanz, der es ihm ermöglicht den Gott in sich aufzunehmen. Einige Stunde später haben wir die Tänze von zwei Charakteren gesehen, aber die Zeremonie ist noch nicht beendet. Wir beschließen trotzdem zurück zur Unterkunft zu fahren. Für uns hat sich das frühe Aufstehen definitiv gelohnt!
Kaffeeregion um Madikeri
Noch einmal geht es mit dem Bus weiter. Diesmal reisen wir tagsüber und nehmen dazu einen der lokalen Busse. Diese sind wirklich wunderschön bemalt und machen richtig Lust auf’s Busfahren. Um in die Kaffeeregion zu gelangen müssen wir von der Küste wieder ins Landesinnere durch eine kurvenreiche Bergregion. Die Fahrt ist zwar lang, aber in den Wäldern gibt es viel zu sehen. Ab und zu sitzen ein paar Affen am Straßenrand und der Ausblick in die Landschaft ist traumhaft. Auch in unser nächsten Unterkunft Rainforest Retreat bekommen wir das komplette Verpflegungspaket. Es ist ungewohnt für uns, dass wir uns nicht um die täglichen Mahlzeiten zu kümmern müssen, aber da die unsere Unterkünfte etwas außerhalb der Städte liegen ist es auch praktisch, dass wir alles vor Ort haben. Das Rainforest Retreat ist Teil der Mojo Farm, welche das Lebenswerk eines indischen Pärchens ist. Die organische Farm ist ein einzigartiges Projekt. Es kombiniert nachhaltige Landwirtschaft mit Eco-Tourismus und ökologische Erziehung. Wir kommen in einer der Unterkünfte auf der Farm unter. Mit dem Namen „Farout lodge“ („weit entfernte Hütte“) macht sie ihrem Namen alle Ehre. Aber der Spaziergang durch den Wald ist wunderschön und es macht uns nichts aus den Weg mehrmals am Tag zurückzulegen. Wäre da nicht Ben’s Fuß, der schon ein paar Tage vor unser Ankunft angefangen hat zu schmerzen. Mit Schmerztabletten und Durchhaltevermögen schafft er es aber trotzdem an den Mahlzeiten teilzunehmen. Bei den Ausflügen auf der Farm und Umgebung kann er jedoch leider nicht dabei sein. Wir bekommen eine Führung über die Farm, auf der Kaffee und Gewürze wie Pfeffer und Vanille angebaut werden. Außerdem machen wir zwei längere geführte Wanderungen in der Umgebung und lernen viel über die Flora und Fauna der Region.
Nach 2 Wochen Entspannung und Natur ist unsere Zeit in Südindien leider schon wieder rum. Zurück in Bengaluru machen wir uns noch auf die Suche nach indischen Stoffen und Gewürzen. Dann verabschieden wir uns von Susann und es geht weiter nach Mumbai. Die zwei Tage in der Metropole gehen wir ruhig an und verbringen die meiste Zeit im Stadtgebiet Fort. Das „Gateway of India“, der historische Bahnhof und eine Vielzahl an Museen können wir zu Fuß erreichen. Wir besuchen die Jenhangir Art Gallery und das Kala Ghoda Kunstfestival. Kulinarisch probieren wir in Mumbai mal etwas anderes und werden nicht enttäuscht. Sowohl das legendäre Bademiya Kebab-Restaurant als auch die birmanische Küche sind großartig.
Wir haben viele unterschiedliche Eindrücke auf unserer Reise durch Südindien gewonnen. Der wunderschöne Bundesstaat Kerala bietet Erholung pur und hat uns landschaftlich wirklich sehr gefallen. Wunderschöne Strände, die Wasserkanäle der Backwater und auch die Berglandschaft der Kaffee- und Teeregion sind traumhaft schön. Die Menschen leben dort ein sehr entspanntes und ruhiges Leben. Meistens waren sie uns gegenüber eher zurückhaltend und distanziert. An ein paar wenigen Orten, an denen wir als Touristen besonders aufgefallen sind, wurden wir jedoch oft angesprochen und haben das Interesse bei den Einheimischen geweckt. Unsere Unterkünfte waren perfekt und wir haben wir uns sehr wohl gefühlt. Sowohl von den Gastgebern als auch von anderen Reisenden wurden wir stets mit offenen Armen empfangen.